Mehr als 3 Millionen wurden vertrieben und ausgeraubt, ca.
500.000
ermordet, ca.
800.000 sind zurückgeblieben und wurden als "Autochthon"
unterdrückt und ausgebeutet als billige Arbeitskräfte.
(Insgesamt wurden aus
Ostdeutschland 15 Mio. Menschen vertrieben. 3 Mio. kamen dabei ums Leben,
überlebten die Vertreibung nicht.)
http://www.republikasilesia.com/presse/presse/heimatbrief/010927/04.htm
27.
September 2001 Die Vertreibung der
Deutschen aus Hindenburg Aktueller
Bericht einer polnischen Zeitung in der Heimat
Wie sehen heute die Polen die Ereignisse im Jahr 1945, als Oberschlesien von
der Roten Armee an den polnischen Staat übergeben wurde? Zu diesem Thema
schreibt das Monatsblatt "Nasze Zabrze" (Unser Zabrze) und beruft sich dabei auf
archivarische Quellen:
Das Jahr 1945 ist ein besonderes Datum in der Geschichte von Hindenburg, wohl
eines der Wichtigsten. Die Stadt änderte ihre Staatsangehörigkeit. Sie befand
sich plötzlich unter polnischer Verwaltung. Vor allem jedoch kam es zu einer bisher nicht aufgetretenen Veränderung
der Gesellschaft. In nur einem Jahr veränderte sich total die
Bevölkerungsstruktur der Stadt.
Nach Ende der Kriegshandlungen war die Stadt entvölkert. Viele Männer waren
gefallen oder im Krieg vermisst (6.180 Personen), viele befanden sich in
Gefangenenlagern (11.217 Personen, von denen später einige nach
Hindenburg zurückkehrten). Viele flohen vor der anrückenden Front. Zusätzlich
wurden in den ersten Monaten des Jahres 1945 einige Tausend Personen von der
Roten Armee interniert. Das waren vor allem Bergarbeiter, Deportierte zu
Zwangsarbeiten. Es fehlten dort Arbeitskräfte.
Die Attraktivität Hindenburgs zum Ansiedeln vergrößerte die Tatsache, dass
die
Stadt während der Kriegshandlungen nur wenig zerstört wurde (zu nur 8 Prozent).
Nicht ohne Bedeutung war die Tatsache, dass in der Stadt mehrere Zentralämter
geschaffen wurden, so der Woiwodschaftsverband der Bergbauindustrie, Verband der
Metallurgieindustrie, Verband der Kokschemischen Industrie. Deswegen kamen auch
im ersten Zeitraum nach der Übernahme Hindenburgs durch die polnische Verwaltung
Tausende Menschen aus ganz Oberschlesien, vor allem aus den früher zu
Oberschlesien gehörenden Kreisen oder aus den östlichen Teilen wie auch aus dem
Oppelner Land. Schnell fehlte es an freien Wohnungen.
Anfang August 1945 war die Stadt schon überfüllt. Trotzdem war es erst das
Präludium... Die von den Großmächten vorgenommenen Beschlüsse leiteten eine
große Völkerwanderung ein, welche die Länder Mitteleuropas umfasste und
hauptsächlich aus östlicher Richtung nach Westen verlief.
Vertreibung schon vor den Potsdamer Beschlüssen Noch
lange vor Kriegsende und der bedingungslosen Kapitulation des Dritten Reiches
entstand unter den Politikern der Anti-Hitler-Koalition die Idee der Aussiedlung
der deutschen Bevölkerung aus den Ländern Osteuropas. Eigentlich bestand diese
Idee, es existierten bereits konkrete Pläne der Vertreibung, schon lange vor
Ausbruch des 2. WK. Deren Realisierung sollte
eine Garantie der friedlichen Stabilisierung in diesem Teil des Kontinents sein.
Auf die Geburt dieser Idee hatten mit Sicherheit Einfluss die Erfahrungen des
Zeitraumes zwischen den Kriegen und das damalige Verhalten der deutschen
Minderheit, besonders in der Tschechoslowakei. Der endgültige Beschluss wurde
jedoch erst auf der Konferenz in Potsdam (17.07.- 2.08.1945) gefasst. Im Sinne
der Beschlüsse des Artikels XIII. des Potsdamer Vertrages sollte die in Polen,
der Tschechoslowakei und Ungarn wohnende deutsche Bevölkerung auf das
Territorium des besetzten Deutschlands umgesiedelt werden.
Der Vertreibungsplan der Deutschen aus Polen wurde vom Kontrollrat der Allianz
am 20.11.1945 bestätigt. Dieser Plan sah die Umsiedlung von rund 3,5 Millionen
Personen aus dem Territorium der ehemaligen II. Republik und aus den
„Wiedergewonnenen Gebieten“ vor und sollte im Dezember 1945 beginnen.
Der "Drang nach Westen"
*

Dieses Propagandaplakat (um 1919) zeigt, dass die polnischen Begierlichkeiten
bis weit hinter Leipzig reichten
(Text auf diesem
Plakat:
"In Polen lebt der Geist* von
Bolesław Chrobry.
POLEN!
wir sind hier nicht ab gestern.
Wir haben weit nach Westen gegriffen.
Der kleinste Boden-Brocken ......
kehrt zurück, zur Mutt......")
Der *"Geist" des B. Chrobry

*
Hinzugefügt vom Autor
Chrobatien
|
Die ersten Aussiedlungen begannen jedoch schon früher, noch vor der Potsdamer
Konferenz. In Hindenburg, ähnlich wie in Gleiwitz, begannen diese im Juni 1945.
Einen nicht geringen Einfluss darauf hatte die Tatsache, dass aus dem Osten
Transporte (so genannter polnischer Umsiedler) zu kommen begannen,
denen man ein Dach über dem Kopf geben musste. Die Umsiedlungsaktion leitete mit
Hilfe der Gesellschaftspolitischen Abteilung des Woiwodschaftsamtes der Woiwode
Aleksander Zawadzki. Anfang Juli 1945 empfahl der Woiwode die Einberufung eines
Aussiedlerstabes in jeder Stadt und jedem Landkreis, der sich aus drei Kommissionen
zusammensetzte: Aussiedler-, Lager- und Transportkommission. Am 21.
August 1945 gab er eine Verfügung heraus, die Bürgern deutscher
Volkszugehörigkeit ein Wohnrecht in den Städten Hindenburg, Beuthen und Gleiwitz
verbot. Im Sinne dieser Verfügung waren diese Bürger verpflichtet, sich zur
Ausreise nach Deutschland zu melden.
Zu den Aufgaben des Aussiedlungsstabes (in Hindenburg begann er seine
Tätigkeit im August 1945) gehörte das Erstellen von Listen mit zur Aussiedlung
vorgesehenen Personen. Dann begab sich eine Ausführungsgruppe in deren
Wohnungen. Die Aussiedler durften nur persönliche Sachen mitnehmen
(Lebensmittel, eine Garnitur Unterwäsche und Bettwäsche). In Gleiwitz gab man
für die Sammlung dieser Sachen 20 Minuten Zeit. Das übrige bewegliche Habe wie
auch die Wohnungen unterlagen der Konfiskation und gingen in die Verfügung der
einstweiligen (polnischen) Staatsverwaltung über. Anschließend wurden die
Aussiedler in Lager im Stadtgebiet gebracht, wo sie auf den Transport in
Etappenlager warteten. Erst von hier wurden sie in die einzelnen Zonen des
besetzten Deutschlands gebracht.
Das Aussiedlungslager für Hindenburger Bürger befand sich auf dem Gebiet von
Mathesdorf und wurde vom Stadtamt verwaltet. Im Dezember 1945 befanden sich hier
157 Personen, von denen 10 verstarben und drei an Flecktyphus erkrankten.
Die Etappenpunkte, von denen Transporte nach Deutschland gingen, befanden
sich in Bielitz, Pleß, Leobschütz, Grottkau, Neiße, Ottmachau und Falkenberg.
Ein Wagensatz bestand aus 55 gedeckten Waggons. Ein Zug beförderte ca. 1.500
Personen. Am 18. Juli 1946 verkündete die Gesellschaftspolitische Abteilung des
Woiwodschaftsamtes triumphal, dass „mit dem nächsten Transport unter der Nr.398
der einhunderttausendste Deutsche die Wojwodschaft verlässt. Es ist Paula Langer,
geboren am 16. Juli 1876 in Schlegenberg Kreis Leobschütz, Witwe seit 1902,
wohnhaft in Mechtal Kreis Beuthen/Tarnowitz“. Bis zum 16.Dezember 1946 fuhren 89
Transporte ab, mit welchen aus dem Gebiet der Woiwodschaft rund 151.000
Personen, darunter 30.000 Männer, 75.000 Frauen und 46.000 Kinder ausgesiedelt
wurden. Bis zum 19. Oktober 1947, als die Umsiedlungsaktion unterbrochen wurde,
organisierte man noch 15 Transporte und die Zahl der Aussiedler stieg auf über
174.000. Zusammen mit jenen, die vor der Front flohen und freiwillig ausreisten,
ergab das über 502.000 Personen. Zur Aussiedlung waren noch rund 7.000 Personen
vorgesehen.
Bis zum 16. August 1946 wurden aus Hindenburg über die Etappenlager in Neiße
und Leobschütz weitere 6.759 Personen ausgesiedelt. Im Etappenlager in Leobschütz
herrschten fatale Sanitärbedingungen, was die Ursache einer Epidemie war. Die
Stadtbehörden wollten die Toten nicht auf ihrem Gelände begraben und das führte
dazu, dass die Toten bis zu sieben Tagen unbestattet lagen.
In einem Untertitel führte ich die Bezeichnung „Deportation
sogenannter deutscher Bevölkerung“ an. Nicht ohne Grund. Während
der Aussiedlungsaktionen kam es zu großem Missbrauch. Selbst der Woiwode
Aleksander Zawadzki gab zu, dass „auf verantwortliche Posten Personen kamen, die
ihrer Rolle nicht gewachsen waren und so wurden in der Auswahlaktion wie auch
der Repatriierungsaktion viele Fehler begangen, sei es durch Fahrlässigkeit,
Eigennutz oder Gewissenlosigkeit. Es wurden Bürger ausgesiedelt, die noch im
Auswahlverfahren standen. An die Aussiedlungsaktion gingen alle heran, obwohl
die dazu Berufenen die Landräte oder Präsidenten der ausgewählten Städte
waren“.
Es kam zu paradoxen Situationen. In den Etappenlagern in Pleß und Bielitz zog
die Kontrollkommission des Woiwodschaftsamtes im letzten Augenblick Veteranen
der Schlesischen Aufstände (Anmerkung des Übersetzers: polnische
Widerstandskämpfer) aus dem Zug nach Deutschland. Dramatisch klingt auch der
Bericht einer ähnlichen Kommission, die im August 1946 das Lager in Bunzlau in
Niederschlesien aufsuchte. In diesem Lager befanden sich 1.700 Personen aus
Oberschlesien, die freiwillig und auf eigene Faust hierher kamen. Und so
beschreibt der Berichterstatter die Situation im Lager:
„Das Bild des Elends war
furchtbar... Das Element (damit sind die Menschen genannt) hat sich für die
Ausreise entschieden. Nichts verbindet es mehr mit der Erde, aus der es mit
Gewalt, Unrecht oder der Macht des Gesetzes herausgerissen wurde. Möglicherweise
auch schmerzhafte Erinnerungen. Es hat Angst vor dem Elend, den Nachbarn und den
Umständen. Es flieht vor allem, um so mehr, da es alles verloren hat(...). Oft
hört man den Satz ‘"die Deutschen begingen den Fehler, dass sie aus uns polnischen
Bürgern Deutsche machen wollten, deswegen sollten Polen diesen Fehler nicht
wiederholen.’“(Anmerkung des Übersetzers: Wie wahr ist dieser Satz heute, wenn
man das Wiedererstehen des Deutschtums in Schlesien betrachtet!)
Zu Missbräuchen bei der Aussiedlungsaktion kam es auch in Gleiwitz. Ein
gewisser Oberleutnant Banicki siedelte Personen aus und brachte sie ins Lager
für Deutsche, obwohl diese Personen im Auswahlverfahren positiv eingestuft und
zu den Polen gezählt wurden. Viele von ihnen wurden nach Deutschland
gebracht. Oberleutnant Banicki selbst flüchtete, als gegen ihn ein Verfahren
eingeleitet wurde. Auch der Vorsitzende einer Auswahlkommission und gleichzeitig
Leiter des Wohnungsamtes, ein Dr. Slawowski, hat auf Grund unwahrer Beschlüsse
Personen ausgesiedelt und in das Gleiwitzer Sammellager gebracht, obwohl diese
Personen Polen waren, und anschließend mit deren Wohnungen
spekuliert.
Das Lager in Gleiwitz wurde am 12. November 1945 aufgelöst. Zum
Zeitpunkt der Auflösung waren 70 Prozent der dort Inhaftierten im früheren
Auswahlverfahren als positiv eingestuft und hätten somit in Polen bleiben
können. Aber in der Zwischenzeit nahm man ihnen die Wohnungen weg. Im Lager
befanden sich 300 Kinder, aufgesammelt in Häusern bei Abwesenheit der Eltern.
Als diese ins Lager kamen und ihre Kinder abholen wollten, wurden auch die
Eltern ausgesiedelt. Im Lager herrschten fatale sanitäre Bedingungen. Es
breitete sich die Typhusepidemie aus.
Auch in Hindenburg kam es zu Missbräuchen. Der städtische Gewerkschaftsbund
nennt in einem Schreiben an das Ministerium der Wiedererlangten Gebiete vom 5.
Juli 1947 drei Beispiele von unrechtmäßig Ausgesiedelten . Er bat um Ernennung
einer Sonderkommission zur Klärung dieser Tatsache und Annullierung der zu
Unrecht gefassten Beschlüsse. Die auf dem Gebiet der Stadt tätigen
Aussiedlungskommissionen wurden bereits Ende 1945 aufgelöst, denn "sie gaben ein
großes Feld zu Missbräuchen".
Bis Dezember 1947 wurden aus Hindenburg 7.433 Personen ausgesiedelt, davon 1.463 Männer,
4.001 Frauen und 2.009 Kinder. Zur Aussiedlung verblieben noch ca.
100 Einwohner. An die Stelle der vielen Ausgesiedelten kamen neue
Menschen.
Besonders Repatrianten aus Frankreich bzw. aus
Belgien. Speziell ausgesandte Werber, die den Repatrianten ein goldenes Leben versprachen, haben für einen Zustrom von
Polen in die deutschen
Gebiete gesorgt.
Anmerkung des
Übersetzers:
Die Geschehnisse im Jahr 1945 und danach sind ein trauriges Kapitel unserer
Heimatstadt und vieles spielte sich noch viel schlimmer ab, als hier von der
heutigen polnischen Presse wiedergegeben. Es ist jedoch gut, dass auch polnische
Zeitungen im heutigen Oberschlesien darüber schreiben. Solche Artikel sollte
auch unsere Jugend lesen, um einen kleinen Einblick in die Geschichte unseres
Landes zu bekommen, denn leider lernen unsere Kinder in den Schulen nichts über
diesen Zeitraum.
Anmerkung von Peter U. Rathay
Autochthon (griech. Ureingeborener, "aus dem eigenen Boden
stammend") = in Schlesien geborene Person,
also Deutsche
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