Dr. Pavel M. Polian  
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"DAS STAATLICHE KOMITEE FÜR VERTEIDIGUNG VERFÜGT...“:

DIE DEPORTATIONEN DEUTSCHER ZIVILISTEN

AUS OST- UND SÜDOSTEUROPA IN DIE SOWJETUNION.

 

Es ist bekannt, dass neben Millionen deutscher Kriegsgefangener auch Zivilisten deutscher Nationalität in der Sowjetunion arbeiteten, und zwar sowohl Reichsdeutsche als auch Volksdeutsche. Ihre Lage und ihre Arbeitsbedingungen entsprachen weitgehend  denjenigen der Kriegsgefangenen, es gab jedoch auch Unterschiede. Selbstverständlich sind Motivation und "Vorgeschichte" des Einsatzes der Arbeitskraft deutscher Zivilisten in der UdSSR einer dieser Unterschiede.

            Die Frage der sogenannten "Internierten", die oft auch als "Mobilisierte und Internierte" bezeichnet wurden, das heißt also die Frage der Deportation und des Arbeitseinsatzes deutscher Zivilisten in der UdSSR in den letzten Kriegsmonaten und den ersten Nachkriegsjahren, umfasst viele unterschiedliche Aspekte und hat ihre eigene Vorgeschichte und Ihre eigene Bibliographie. Im Westen widmet sich dieser Frage eine durchaus umfassende, in der Hauptsache auf Augenzeugenberichten basierende Literatur.

Die von den sowjetischen Deportationen betroffenen Kontingente sollen als der Bestandteil der Massenvertreibung der deutschen Bevölkerung fast im ganzen Europa betrachtet. Aber erst in der 2.Hälfte der 80er und in 90er erschienen die ersten grundsätzlichen Forschungen, wie, z.B., die dreibändige Veröffentlichung von Münster Historikern unter der Leitung von H. Weber „Die Deportation von Siebenbürger Sachsen in der Sowjetunion 1945-1949“. [1].

Sowie in der UdSSR als auch in anderen osteuropäischen sozialistischen Staaten wurde die Deportation der deutschen Zivilisten als Forschungsgegenstand tabuisiert, die entsprechenden Archive waren bis Mitte 90er nicht zugängig.

Zum ersten mal wurde das Thema von rumänischen Präsident N. Ceausescu in 1966 angesprochen, aber zu den wissenschaftlichen Bewertungen kam es in Rumänien nur viel später. Die erste dokumentierte Veröffentlichung von H. Baier „Deportation der ethnischen Deutschen aus Rumänien in die Sowjetunion in 1945“ erschien auf Rumänisch in 1995 und wurde auf die Bestände des Staatsarchivs Rumäniens basiert.[2] Die Materialien des Ministerrates Rumäniens bleiben aber bis jetzt hinter dem Verschluss, was nur die kräftige Gerüchte ernährt, dass Rumänien die Deutsche Minderheit zum Opfer gebracht hat um eigene Zivilbevölkerung zu retten.

Gleichzeitig (auch 1994) erschienen die ersten Publikationen zu diesem Thema in Russland - die Aufsätze von V. B. Konasov und A.V. Teretschuk, von P. N. Knyschevskij und von M. I. Semirjaga.[3] Im Jahre 1995 wurde eine kleine Broschüre von I.I. Tschuchin unter dem Titel „Das internierte Jugendalter“ veröffentlicht, die die Geschichte des Lagers Nr. 517 für die internierten Deutschen in Padosero bei Petrozavodsk sehr detailliert rekonstruiert.[4] Auch der Schreibende dieser Zeilen ist seit 1995 in der Bearbeitung dieses Themas, seine ersten Veröffentlichungen sind aber nur 1997-1998 erschienen.[5] Auch die deutsche Historiker benutzten in Ihren Recherchen teilweise die russische Quellen, wie, z.B., Günther Klein.[6]

       Die wichtigsten Quellen zur diesem Thema befinden sich in Russland im Dachbestand von s.g. GUPWI. Bis vor kurzem gehörte dieser Bestand zu s.g. Sonderarchiv, aber nach derer Fusion mit dem RGWA ist es zum Bestandteil von RGWA geworden. Er enthält die mehrzähligen Normativakten und Berichterstattungen von GUPWI selbst, sowie auch von seinen zentralen und regionalen Verwaltungen, einzelnen Lagern bzw. Lagergruppen, was auch die Rekonstruierung und Darstellung des Lagerlebens erlaubt.[7]

       Auch im GARF trifft man bedeutrnfr Quellen in solchen Beständen wie das Sekretariat von GULAG (Bt. 9401, Fb.2 – s.g. „Sondermappen“), das Justizministerium der UdSSR oder Generalstaatsanwaltschaft.

       Die Originale von der entscheidendsten Dokumenten (oft mit Notizen und Vermerken) befinden sich im Archiv des Präsidenten der Russischen Föderation, (APRF) und zwar im Bestand des Politbüro des TsK der KpdSU (Bt.3, enthält wichtigste Normativdokumentation im Original, mit allen Notizen und Vermerken). Die Anordnungen vom GKO liegen in RGASPI (Bt.644).

 

Vorbereitung und Verlauf der Internierung der Deutschen in Südosteuropa

 

Es gibt und fast herrscht die Meinung, dass die Bedingung der Auslieferung der deutschen Minderheit in Rumänien noch in Geheimprotokollen zu dem Waffenstillstandvertrag stand, der am 12. September 1944 in Moskau unterschrieben wurde.[8] Überlassen wir der Zukunft die Klärung dieser Frage, aber bis jetzt gab es weder Bestätigung, noch Widerlegung von diesen Behauptungen.

            Die tatsächliche Entwicklung der Deportation der deutschen Zivilisten aus Süd-Ost Europa ist im Gegenteil heute ziemlich genau bekannt, obwohl den genauen Zeitpunkt der Schlussanweisung Stalins ist bisher nicht bekannt. Jedoch erstattete am 24. November 1944 der Volkskommissar für Innere Angelegenheiten L. P. Berija Stalin schriftlich Bericht, dass weisungsgemäß drei Gruppen operativer NKVD- Mitarbeiter in die durch die Armeen der Zweiten, Dritten und Vierten Ukrainischen Front befreiten Gebiete Osteuropas abkommandiert worden seien, um innerhalb von 10 Tagen eine vorläufige Bestandsaufnahme der dort lebenden Personen deutscher Nationalität vorzunehmen.[9] Die Leitung dieser Operation oblag dem Stellvertreter Berijas, Apollonov[10], und dem Leiter der Hauptabteilung der NKVD-Truppen zur Sicherung des Hinterlandes, Gorbatjuk.[11]

            Zweck der Aktion war offensichtlich die Identifizierung deutscher Zivilisten für die Arbeitskräftemobilisierung und deren Deportation zu den aus Moskau vorgegebenen Bestimmungsorten, mit anderen Worten zur Reparation durch Arbeit.

            Den operativen Gruppen des NKVD wurden 106 Gruppen der Spionageabwehr SMERSch (mehr als 800 Personen) beigegeben. Am 5 Dezember berichteten Apollonov und Gorbatjuk an Berija[12], und am 15. Dezember meldete Berija Stalin und Molotov die im Berichtszeitraum erzielten Ergebnisse.[13] In den genannten Gebieten wurden 551.049 Personen deutscher Nationalität festgestellt, davon 240.436 Männer und 310.631 Frauen.  Mit 421.846 Personen befanden sich die meisten dieser Deutschen in Rumänien, darunter 70.476 arbeitsfähige Männer im Alter zwischen 17 und 45 Jahren. Außerdem wurden 73.572 Personen in Jugoslawien, 50.292 in Ungarn, 4.250 in der Tschechoslowakei und 1.098 in Bulgarien registriert. Diese Personen waren überwiegend Bürger der betreffenden Staaten, in denen sie lebten. In Jugoslawien und Rumänien waren sie teilweise - in der Regel Deutsche mit deutscher Staatsangehörigkeit (24.694 Personen) - bereits in Lagern interniert worden (in Jugoslawien betraf dies 16.804 Personen in 22 Lagern, in Rumänien 7.890 Personen in 15 Lagern). Die Verwendung der in diesen Lagern Inhaftierten zum Arbeitseinsatz war bereits zu diesem Zeitpunkt klar, denn der Männeranteil betrug in Rumänien 82% aus, in Jugoslawien 59%, wobei in Rumänien 79% dieser Personen im arbeitsfähigen Alter waren, in Jugoslawien sogar 100%![14]

            Zuerst sollte die Mobilisierung auf Männer im Alter von 17 bis 45 Jahren beschränkt werden, was eine Gesamtzahl von 97.484 Personen, nach Abzug der Arbeitsunfähigen 70.000 Personen, ergab. Berija ersuchte um Stalins Zustimmung zur Mobilisierung der internierten Deutschen und ihrer Deportation in die UdSSR, wo sie zur Wiederinstandsetzung der Kohleindustrie im Donbass (bis zu 50.000 Personen) und der Schwarzmetallurgie im Süden (bis zu 20.000 Personen) eingesetzt werden sollten.

            Der Vorschlag wurde gebilligt, allerdings mit Änderungen, die den Einsatz auch weiblicher Arbeitskräfte anordneten. Bereits am 16. Dezember 1944 gab das GKO die Verordnung Nr. 7161 ss heraus[15]:

"Das Staatliche Komitee für Verteidigung verfügt:

1. Alle arbeitsfähigen Deutschen im Alter von 17 bis 45 Jahren (Männer) bzw. von 18 bis 30 Jahren (Frauen), die sich in den von der Roten Armee befreiten Gebieten Rumäniens, Jugoslawiens, Ungarns, Bulgariens und der Tschechoslowakei befinden, sollen mobilisiert und interniert werden, um sie mit dem Ziel des Arbeitseinsatzes in die UdSSR zu deportieren. Es wird festgelegt, dass von der Mobilisierung die Deutschen sowohl deutscher und ungarischer Staatsangehörigkeit als auch die deutschen Staatsangehörigen Rumäniens, Jugoslawiens, Bulgariens und der Tschechoslowakei erfasst werden sollen.

2. Die Leitung der Mobilisierung wird dem NKVD der UdSSR (Gen. Berija) übertragen. Dem NKVD wird der Auftrag erteilt, die Sammelstellen, die Aufnahme der Mobilisierten, die Bildung von Transporten und ihre Bewachung während des Transportes zu organisieren. Die Mobilisierten sind entsprechend der Entwicklung der deutschen Rückzüge in Transporten zu Sammelstellen in die UdSSR zu deportieren.

3. Die Gen. Malinovskij[16] und Vinogradov[17] bezüglich Rumäniens und die Gen. Tolbuchin[18] und Birjuzov[19] bezüglich Bulgariens und Jugoslawiens sind verpflichtet:

a) die Mobilisierung und Internierung der in Punkt 1 genannten Deutschen in Verbindung mit den Regierungsstellen der betreffenden Länder durchzuführen;

b) gemeinsam mit den Vertretern des NKVD der UdSSR, den Gen. Apollonov und Gorbatjuk, die Realisierung der notwendigen Maßnahmen, die die Verbringung der mobilisierten Deutschen zu den Sammelstellen garantieren, in Verbindung mit den entsprechenden militärischen und zivilen Behörden vorzunehmen.

Die Gen. Malinovskij und Tolbuchin für Ungarn und den Gen. Petrov[20] für die Tschechoslowakei sind verpflichtet, durch die Militärbefehlshaber die notwendigen Verfügungen im Namen des Frontkommandos die Mobilisierung der Deutschen entsprechend dem Punkt 1 der vorliegenden Verordnung anzuordnen und gemeinsam mit den Vertretern des NKVD der UdSSR, den Gen. Apollonov und Gorbatjuk, die Durchführung der notwendigen Maßnahmen zu leiten, die das Erscheinen der mobilisierten Deutschen an den Sammelstellen garantieren.

4. Den mobilisierten Deutschen wird gestattet, warme Kleidung, Kleidungsvorrat, Bettwäsche, persönliches Geschirr und Lebensmittel, insgesamt bis zu 200 kg. pro Person, mitzunehmen.

<...>

6. Alle mobilisierten Deutschen sind zu Arbeiten zur Wiederinstandsetzung der Kohleindustrie im Donbass und der Schwarzmetallurgie des Südens zu schicken.

Aus den an ihren Arbeitsorten angekommenen Deutschen sind Arbeitsbataillone zu je 1.000 Mann zu bilden. Dem NKO (Gen. Golikov) wird aufgetragen,[21] jedem Bataillon je 12 Offiziere aus den Reihen der für den Dienst in der Roten Armee nur bedingt Tauglichen zuzuteilen.

7. Die Organisation der Aufnahme der Internierten an den Arbeitsstellen, ihre Unterbringung, Verpflegung und ebenso die sonstige materielle Versorgung der internierten Deutschen und die Organisation ihres Arbeitseinsatzes wird dem Volkskommissar für Kohle und dem Volkskommissar für Schwarzmetallurgie übertragen.

<...>

10. Die Mobilisierung und Internierung der Deutschen ist in der Zeit vom Dezember 1944 bis Januar 1945 durchzuführen und der Transport  an die Arbeitsstellen bis zum 15. Februar 1945 abzuschließen.

Der Vorsitzende des Staatlichen Komitees für Verteidigung STALIN"

 

Am 22. Dezember legten die drei NKVD-Generale – Generalmajor A. N. Apollonov, Generalmajor I. M. Gorbatjuk und Generalleutnant Sladkevich[22] – dem Gen. Berija den Bericht über ihren Besuch der Militärräte der 2. und 3. Ukrainischen Front am 21./22. 12. 1944 vor[23]:

"[...] Die Pläne zur Durchführung der Mobilisierung der Deutschen wurden erstellt und von den Militärräten bestätigt. Gen. Tolbuchin hat einen Befehl erlassen, durch den alle Armeekommandeure verpflichtet werden:

a) über die Militärbefehlshaber die Mobilisierung der Deutschen mit der Warnung, dass diejenigen, die nicht erscheinen, unverzüglich einem Militärtribunal überstellt und ihre Familien repressiert werden, bekannt zugeben;

b) den Transport der mobilisierten Deutschen mit den Mitteln der Armee bis zu den Sammelstellen und Verladebahnhöfen zu organisieren.

Die Frist zum Abtransport aller Deutschen von der Front wurde mit diesem Befehl auf den 3. Januar 1945 festgesetzt.

Am 26. Dezember schickte Gen. Tolbuchin ein entsprechendes Telegramm an Marschall Tito, in dem er darum bat, unverzüglich und vollständig alle Maßnahmen zur Mobilisierung der Deutschen auf dem Territorium Jugoslawiens zu gewährleisten.[24]

Zum Verantwortlichen für die Mobilisierung der Deutschen in Jugoslawien und ihren Abtransport in die UdSSR wurde Gen. Zapevalin[25] mit einer Gruppe von Mitarbeitern ernannt. Entsprechende Anordnungen erteilte Gen. Tolbuchin Generaloberst Birjuzov in Sofia. Gen. Tolbuchin teilte 50 Offiziere der Roten Armee als Verstärkung unserer operativen Gruppen  ein.

[...] Von uns wurden ein Entwurf für eine Verordnung der Rumänischen Regierung über die Internierung der Deutschen und ein Entwurf für eine Anordnung der Verwaltung der Gendarmerie Rumäniens an ihre lokalen Organisationen zur praktischen Durchführung der Internierung ausgearbeitet.

Heute hat Gen. Vinogradov ein Treffen mit dem rumänischen Premierminister Radescu[26] vereinbart, dem diese Entwürfe zur Bestätigung vorgelegt werden.

Apollonov, Gorbatjuk, Sladkevitsch."

           

Am 26. Dezember übergab dieselbe "Trojka" – Apollonov, Gorbatjuk und Sladkevitsch – Berija den "Plan der Hauptmaßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung der Operation zur Internierung und Deportierung der Deutschen in die UdSSR".[27] Nach diesem Programm wurde ein Stab in Bukarest sowie 10 operative Sektoren organisiert, davon 6 auf dem Gebiet Rumäniens (einschließlich Transsylvaniens) und je 2 in Ungarn und Jugoslawien[28]; das Gebiet der Sektoren wurde in Gebiete der operativen Gruppen unterteilt. In der Tschechoslowakei und Bulgarien oblag die Leitung der Operation aufgrund der geringen Anzahl dort ansässiger Deutscher den Befehlshabern der NKVD-Truppen zur Sicherung des Hinterlandes der entsprechenden Fronten. Die Operation führten NKVD-Einheiten mit der Unterstützung zu diesem Zweck vom Frontkommando zugeteilter Heerestruppen durch (interessant ist, dass auch eine rumänische Armee zum Einsatz in Ungarn ausgewählt wurde). Die Wachtruppen wurden der Größe des Kontingentes entsprechend verteilt, wobei 25-30 Soldaten pro Transport eingeplant wurden.

            Es wurden folgende Fristen festgelegt: a) für Jugoslawien und Ungarn (im Bereich der 3. Ukrainischen Front) vom 28.12.1944 bis 5.1.1945; b) für Ungarn (im Bereich der 2. Ukrainischen Front) vom 1. bis 10.1.1945; c) für Rumänien und Transsylvanien vom 10.1. bis 1.2.1945[29]; d) für die Tschechoslowakei vom 27.12. 1044 bis 1.1.1945. Innerhalb dieser Fristen sollten die Internierten an den Sammelstellen konzentriert, zur Verladestation gebracht, verladen und zu ihrem jeweiligen Bestimmungsort abtransportiert werden.

            Die westliche Historiker meinen, dass die Festlegung des Operationsbeginnes zu den Weihnachtsferien kein Zufall war: so viel einfacher wäre es gewesen die vorgesehene Opfern während des Familienfeiertages zu überraschen[30]. Obwohl die Tendenz, Feiertage zu ihren Zwecken auszunutzen, zur NKWD-Taktik ohne Zweifel gehört, der entscheidende Faktor wurde aber eher der andere, namentlich: man sollte die gleiche NKWD-Truppen im Laufe der kurzen Zeit mehrere mal einsetzen.

            Die Form der Internierung unterschied sich von Land zu Land praktisch nicht: das einzige "Privileg", das Rumänien gewährt wurde, war, dass die Anordnung zur Internierung der Deutschen nicht vom sowjetischen Kommandanten, sondern vom jeweiligen lokalen rumänischen Gendarmerieoffizier erlassen wurde. Einer von beiden hatte Listen zur Hand, die im voraus von den örtlichen Behörden und der Polizei erstellt und mit der örtlichen kommunistischen Parteizelle (!) abgestimmt worden waren. In den Dörfern (die vorher von gemischten Truppen abgesperrt worden waren) wurde die deutsche Bevölkerung zur lokalen Behörde befohlen, dort wurde ihr die Mobilisierung verkündet und eine Auflistung der Kleider und Gebrauchsgegenstände, die sie mit sich führen durfte (nicht mehr als 200 kg Gewicht pro Person[31]) verlesen, danach wurde sie zunächst in ihre Häuser entlassen und anschließend zu den Sammelstellen geschickt.

Die Bewachung auf dem Weg dorthin wurde von lokalen Sicherheitsorganen  unter Kontrolle der sowjetischen operativen Kräfte durchgeführt, die Sammelstellen wurden vollständig von der sowjetischen Seite "betreut". Den Internierten wurden Vorräte an warmer Kleidung und Schuhen und Lebensmittel für 15 Tage in der obengenannten Menge zugeteilt. Hier wurde auch die Überprüfung der Ankommenden anhand von Listen zur Bestimmung der tatsächlichen Arbeitsfähigkeit vorgenommen; die Arbeitsunfähigen (und ebenso Kranke, Schwangere, Frauen mit Kindern im Alter von 1–1,5 Jahren, Angehörige anderer Nationalitäten, Priester oder Mönche) wurden ausgesondert und kehrten an ihre Wohnorte zurück, für die Transporte wurden Namenslisten der Arbeitsfähigen aufgestellt (wenn auf der Station bereits Transportraum zur Beladung bereitstand, fand übrigens nicht immer eine Überprüfung statt).

Insgesamt sollten nach den Berechnungen 103 Transporte (oder 5.677 Waggons) zusammengestellt und auf den Weg gebracht werden; zu Verladestationen für die Breitspurbahn wurden Galañi, Adjud-Nou, Sokola und Focåani bestimmt. Es wurden Namenslisten von Deutschen, die sich dem Erscheinen entzogen hatten, angelegt und der örtlichen Gendarmerie zur Fahndung, Arretierung und Übergabe dieser Personen an rumänische, ungarische etc. militärische Feldgerichte  überstellt.

            Während der Durchführung der Operation kam es nicht zu ungewöhnlichen Exzessen. Es gab zwar einige Fluchtversuche, aber es gelang nur einigen wenigen zu fliehen (genauer gesagt, vor der Verladung in die Transportwaggons, nicht selten durch Bestechung der rumänischen Gendarmen). In Ungarn wurde ein Fall schwerer Vergiftung verzeichnet (Selbstmordversuch). Es gab in Rumänien zwei Fälle bewaffneten Widerstandes seitens rumänischer Militärdienstleistender: am 21. Januar in der Stadt Fegeresch (dabei wurde der Leutnant der Staatssicherheit Astaf'ev verwundet) und am 28. Januar im Dorf Gîrbovo (die Sammelstelle wurde unter Beschuss genommen).[32]

            Eine wesentlich gravierendere Gefährdung des "Erfolgs" der Operation insgesamt bedeutete die (oft absichtliche) Weitergabe vertraulicher Informationen (das sogenannte "Ausplaudern") durch die rumänische Seite, die es einigen Deutschen ermöglichte, rechtzeitig ihre Nationalität oder ihren Wohnort zu wechseln und auf diese Weise ihrem Geschick zu entgehen. "Desorganisation" (nach russischem Verständnis) bedeuteten auch die zahlreichen Gesuche um Befreiung von der Mobilisierung seitens deutscher Frauen, die mit Rumänen oder mit Vertretern anderer Nationalitäten verheiratet waren (in den Berichten  sowjetischer Offiziere ist abschätzig von Ehen die Rede, die sogar an den Sammelstellen geschlossen wurden). Außerdem verfügte zum Beispiel das Polizeikommissariat der Stadt Galañi auf Ansuchen von Fabriken, deutsche Spezialisten von der Mobilisierung zu befreien, wenn sie bereits vor 1916 in Rumänien ansässig gewesen waren und rumänische Verwandte besaßen.[33]

            Es gab allerdings auch seitens der ungarischen Regierung offizielle Beschwerden wegen "grober Verstöße" bei der Durchführung der Operation. Am 5. Januar trafen sich Kuznezov, Osokin und Susmanovitsch aus diesem Anlass mit dem Premierminister Miklosch und zwei ungarischen Ministern. Infolge dieser Besprechung wurden einerseits zehn Ungarn von den Sammelstellen entlassen und andererseits der Hauptbeschwerdeführer, der Gouverneur des Kreises Cige Varga-Antala, des Amtes enthoben. [34]

            Am 6. Januar 1945 empfing Vinogradov (aller Wahrscheinlichkeit nach in Anwesenheit der obenerwähnten "Trojka") den rumänischen Premier Radescu und seine Minister für Auswärtiges und für das Friedensabkommen. Indem sie auf den Eindruck hinwiesen, den Mobilisierung und Internierung in der Öffentlichkeit hervorriefen, baten sie, die SKK möge in dieser Frage offiziell die rumänische Regierung konsultieren, und außerdem Frauen mit Kindern von der Mobilisierung ausnehmen (die entsprechende Verringerung der Mobilisierten sollte durch Anhebung der oberen Altersgrenze für Frauen von 30 auf 35 Jahre kompensiert werden). Vinogradov war "einverstanden" mit dem letzteren Vorschlag, beschränkte jedoch das Alter der zu berücksichtigenden Kinder – nicht älter als 1 Jahr –, letzten Endes wurde jedoch die Altersgrenze von 30 Jahren beibehalten. Am selben Tag forderte die UdSSR in der Note Nr. 031 im Namen der SKK von Rumänien, alle arbeitsfähigen in Rumänien befindlichen deutschen Bürger unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit zum Arbeitseinsatz einzuziehen. Ihnen wurde das Recht gewährt, persönliche Gebrauchsgegenstände und Lebensmittel für 15 Tage mitzunehmen, außerdem erhielten sie das Recht, Briefe und Päckchen zu empfangen und zu versenden; Verweigerung und Flucht vor der Mobilmachung unterlagen strenger Bestrafung.[35]

            Hauptschauplatz der Mobilisierung und Internierung der arbeitsfähigen deutschen Bevölkerung in Südosteuropa wurde Rumänien. Hier befanden sich nicht weniger als drei Viertel des "Spezialkontingentes", hier saß der Operationsstab und hier lagen 6 von 10 operativen Sektoren. Die ganze Operation bestand aus zwei Phasen (vom 11. bis zum 26. Januar und vom 26. Januar bis zum 2. Februar) und aus drei aufeinanderfolgenden Stadien: zuerst die Mobilisierung mit Hilfe von Hausdurchsuchungen in den Städten, dann in den Dörfern, und schließlich wurde ein Kontingent aus der rumänischen Armee ausgehoben (hauptsächlich, wenn auch nicht ausschließlich, Mannschaftsdienstgrade ).[36]

            An den Sammelstellen der Provinz Timisch (Operationssektor Nr. 1) wurden 37.113 Personen des "Sonderkontingentes" versammelt, ungefähr zu gleichen Teilen Männer und Frauen. 5.121 wurden Personen ausgesondert. Mit Berücksichtigung der 852 Personen, die aus der rumänischen Armee mobilisiert worden waren, betrug die Gesamtzahl des deportierten "Sonderkontingentes" 31.992 Personen, davon 16.455 Männer. Die "Unterbesetzung" im Vergleich mit der von den rumänischen Behörden vorgelegten Zahl (51.537 Personen) betrug 14.213 Personen (oder mehr als 1/4), wobei 3/5 dieser Unterbesetzung auf die Städte Timiåoara, Arad und Reåiña entfielen. Dies veranlasste den Leiter des Sektors, den Oberst der Staatssicherheit Korotkov, in diesen Städten - und auch in den Städten mit einem starken deutschen Bevölkerungsanteil Großrazzien durchzuführen und die Gegend  "durchzukämmen", was, wie er schreibt, gute Ergebnisse zeitigte. Insgesamt wurden 19 Transporte verschickt.[37]

            In der Provinz Muresch (Operationssektor Nr. 2) waren im voraus 28.292 arbeitsfähige Deutsche erfasst worden, außerdem 4.553 Personen aus den sogenannten "zusätzlichen Altersstufen" (Männer von 16 und von 46 bis 48 Jahren und Frauen im Alter von 17 und von 31 bis 32 Jahren), die wahrscheinlich als Reserve oder zweite Wahl für die Internierung angesehen wurden. [38]

            In den Provinzen Bucegi und Olt (Operationssektor Nr. 3) wurden 49.448 Deutsche registriert, darunter 13.459 unter die Mobilisierung fallende Personen im arbeitsfähigen Alter. Die Mobilisierung und Internierung führten rund 11.000 Personen, darunter 1.500 vom NKVD und 9.500 von der rumänischen Gendarmerie, der Polizei und den "Siguranten" (Sicherheitsorgane), durch. Neben den bereits im Sektor vorhandenen Internierungslagern wurden fünf weitere Sammelstellen geschaffen[39]. Dabei wurden für den Transport der Internierten dorthin sowohl Transportmittel (Automobile und Lastkraftwagen) der örtlichen Bevölkerung als auch der rumänischen Armee "mobilisiert". Insgesamt wurden 15.880 Personen mobilisiert, von ihnen wurden 1.657 ausgesondert und somit befreit. Am 2.2.1945 waren bereits 13.612 Personen in die UdSSR befördert worden, die verbliebenen 609 warteten in Ploieåti auf ihren Abtransport.[40]

            Der vierte Operationssektor auf dem Territorium Rumäniens umfasste Galaz und  vier naheliegende Dörfer. Hier gab es freilich fast keine deutsche Bevölkerung: in den Listen des "Sonderkontingentes" waren lediglich 608 Personen verzeichnet. Von diesen waren am 18.1.1945 418 Personen ausgehoben worden, darunter 353 Männer und 55 Frauen.[41]

            In Ungarn (und in Nordtranssylvanien[42]), im Bereich der 2. Ukrainischen Front, wurden die Fristen für die Operation leicht geändert. Sie wurde in zwei Etappen durchgeführt: in der ersten Etappe, die die Zeit vom 28. (nach einigen Angaben 20.) Dezember 1944 bis zum 15. Januar 1945 umfasste, wurden 11 operative Gruppen, die gemeinsam mit den örtlichen Behörden tätig wurden, und dementsprechend 11 Sammelstellen geschaffen.[43] Nach Überprüfung der Listen betrug die Zahl der zu internierenden 15.428 Personen. Die Internierung wurde bereits am 30. Dezember begonnen, und am 5. Januar 1945 waren 12.137 Personen interniert, am 15. Januar 14.352. Es wurden 1.050 Personen ausgesondert und die überwiegende Mehrzahl der Restlichen - 13.302 Personen – wurde in 9 Transporten in die UdSSR deportiert (als Bestimmungsorte fungierten dabei in erster Linie Chiåinu und Bendery, aber außerdem auch noch Tscheboksary, Atropschino und Ust-Aba an der Permer Eisenbahnlinie).

            In der zweiten Etappe, die in der zweiten Januarhälfte durchgeführt wurde, wurden lediglich fünf operative Gruppen geschaffen (nach den Erfahrungen mit "der vorhergehenden Operation"), die in Budapest, Koban'ja-Olsche, Mischkolz, Sereca und Ceglédbercel disloziert waren. Nach Stand vom 31.1.1945 waren von 7.115 registrierten Deutschen 454 wegen Krankheit ausgesondert worden. Die übrigen, die dann bereits als "Sonderkontingent" bezeichnet wurden, wurden an vier Sammelstellen konzentriert. Alle vier im Januar begonnenen Transporte hatten den Donbass zum Ziel. Einschließlich der ersten Etappe der Operation wurden 19.576 arbeitsfähige Deutsche mobilisiert und in 15 Transporten in die UdSSR deportiert.[44]

            Der Bereich der Dritten Ukrainischen Front umfasste Jugoslawiens und teilweise auch Gebiete Ungarns; die Operation wurde zwischen dem 23. Dezember und dem 14. Januar durchgeführt. Die Gesamtzahl der im Bereich dieser Front Mobilisierten betrug 21.695 Personen, darunter 9.747 Männer und 11.948 Frauen. Jeweils die Hälfte entfiel auf Jugoslawien und auf Ungarn – 10.935 bzw. 10.760 Personen. Zu ihrer Deportation wurden 17 Transporte oder 786 Waggons benötigt.[45] Gemäß der Anordnung von Apollonov begann die Front mit der zusätzlichen Mobilisierung von weiteren 10.000 Personen, aber in Anbetracht der schwieriger gewordenen militärischen Situation wurde diese Operation vorzeitig abgebrochen, nachdem lediglich 879 Personen "eingesammelt" worden waren.

            Um den 2. Februar herum war die Operation zur Mobilisierung, Internierung und Deportierung der deutschen Bevölkerung der Balkanländer in die UdSSR abgeschlossen, worüber Apollonov, Gorbatjuk und Sladkevitsch Berija per Funk Bericht erstatteten. Insgesamt waren auf dem Balkan 124.542 Personen interniert worden, darunter 66.616 Männer und 57.926 Frauen. 12.190 Personen waren "ausgesiebt" und von den Sammelstellen entlassen worden. Nach den Angaben des Berichtes waren 112.352 Personen in die UdSSR deportiert worden.[46] Nach anderen Angaben waren von der Mobilisierung und Internierung auf dem Balkan und der anschließenden Deportation zur Arbeit in die UdSSR sogar mehr Menschen betroffen, nämlich genau 112.480 Personen, darunter 61.375 Männer und 51.105 Frauen (s. Tabelle 1). In einer dritten Quelle wird eine etwas geringere Zahl genannt – 111.831 Personen.[47]

 

Tabelle 1

Zählung und Internierung der deutschen Bevölkerung in den Ländern Südosteuropas

 

 

Gezählt

Interniert

Länder

Männer

Frauen

Gesamt

Männer

Frauen

Gesamt

Rumänien*

186.509

235.337

421.846

36.590

32.742

 69.332

Ungarn

  19.024

  31.268

  50.292

20.989

10.934

 31.923

Jugoslawien**

  32.966

  40.606

  73.572

   3.692

  7.243

 10.935

Tschechoslowakei

    1.412

    2.837

    4.250

       49

     166

      215

Bulgarien

       524

       565

    1.089

       55

       20

        75

Gesamt

240.436

310.613

551.049

61.375

51.105

112.480

Quelle: GARF, f.9401, op.2, d68, l.144-147; RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.9.

* Einschließlich 484 Deutscher aus dem nördlichen Transsylvanien (darunter 357 Männer und 127 Frauen).

** Nach dem Bericht des Stellv. Leiters der GUPVI des NKVD der UdSSR Generalmajor Schemeny vom 7.9.1945 wurden von Januar bis März 1945 von den Stationen Sokola-Galañi und Adjud-Nou 111.831 Personen, darunter 12.364 aus Jugoslawien, in die UdSSR deportiert, was über die Angaben in der Tabelle hinausgeht.

 

            Am 22. Februar 1945 erstellte Berija einen Entwurf für einen Ukaz des PVS der UdSSR "Über die Auszeichnung mit Orden und Medaillen für die Mitarbeiter des NKVD-NKGB für die erfolgreiche Erfüllung von Sonderaufgaben der Regierung".[48] Im Begleitbrief zog Berija eine vorläufige Bilanz des Verlaufs der Operation vom 25.12.1944 bis zum 31.1.1945. An der Operation hatten 10.443 Soldaten und Offiziere der NKVD-NKGB-Einheiten (Truppen zur Sicherung des Hinterlandes der Roten Armee, Grenzschutztruppen und sogenannte "Innere Truppen") sowie 664 "Operativniks" des NKVD-NKGB teilgenommen.

            Die Reaktion der Alliierten auf die sowjetische Deportationen in Balkanen war offensichtlich negativ.[49] Aber insbesondere besorgt war... das Dritte Reich! Der Druck auf die UdSSR auszuüben um diese Deportationen zu stoppen bzw. verhindern war, z.B., laut sowjetischen Aufklärungsangaben, eine der Bedingungen Himmlers bei den Geheimverhandlungen mit Amerikanern und Engländern gewesen, die im Februar 1945 über die Vermittlung des Roten Kreuzes durchgeführt waren[50].

 

Die Internierung von Deutschen auf dem Territorium des Dritten Reiches

 

Bisher war hauptsächlich von  Zivilisten deutscher Herkunft, die keine deutsche Staatsbürger waren, das heißt in nationalsozialistischer Terminologie von "Volksdeutschen", die Rede. Die Frage nach der Mobilisierung und Internierung von "Reichsdeutschen" wurde vorerst zurückgestellt, obwohl die Kampfhandlungen der Roten Armee sich schon lange (seit Oktober 1944) auf das Reichsgebiet verlagert hatten.

            Für die massenhafte Internierung von Reichsdeutschen in Deutschland selbst bedurfte es offensichtlich einer anderen Begründung, z.B., Angriffe auf Rotarmisten, terroristische Gruppen, Sabotage usw. Unter Berücksichtigung der "Erfahrung" der eigenen Partisanentätigkeit im Hinterland der Deutschen wollte die sowjetische Führung Ansätze dazu bereits im Keim ersticken.

            Erster Schritt in diese Richtung war der Befehl Nr. 0016 vom 11. Januar 1945 an das NKVD der UdSSR "Über die Maßnahmen zur Säuberung des Hinterlandes der Front der kämpfenden Roten Armee von feindlichen Elementen". Mit diesem Befehl ernannte Berija NKVD- Bevollmächtigte bei allen Fronten und änderte die Unterstellungsverhältnisse der NKVD- Truppen zur Sicherung des Hinterlandes der Front,  um etwa 60.000 NKVD- Angehörige für entsprechende "geheimpolizeilich-militärische Aufgaben" abzustellen. Entsprechende Lagergebäude sollten innerhalb einer Frist von drei Tagen bereitgestellt werden [51]

            Der nächste und entscheidende Schritt war die Verordnung GKO Nr. 7467 ss vom 3. Februar 1945, die vorschrieb, dass man "brutal gegen Personen vorgehen soll, die bei der Begehung von terroristischen- und Sabotageakten erwischt werden, indem man sie noch am Ort des Verbrechens gnadenlos vernichtet". [52] Was die übrige Zivilbevölkerung betraf, so war im Bereich der 1., 2. und 3. Weißrussischen und 1. Ukrainischen Front die Mobilisierung "aller zu physischer Arbeit tauglichen deutschen Männer im Alter von 17 bis 50 Jahren, die eine Waffe tragen können [vorgeschrieben]. Deutsche, von denen bekannt ist, dass sie in der Deutschen Armee oder im Volkssturm gedient haben, sollen als Kriegsgefangene betrachtet und in die Kriegsgefangenenlager des NKVD verbracht werden. Aus den übrigen mobilisierten Deutschen sollen Arbeitsbataillone von 750 bis 1.200 Personen gebildet werden, die zur Arbeit in der Sowjetunion, in erster Linie in der Ukrainischen und der Weißrussischen SSR, eingesetzt werden sollen".

            Da in den besetzten Gebieten Deutschlands legitime Staatsorgane zuerst nicht vorhanden waren, wurden alle nötigen Verfügungen über die Mobilisierung im Namen der Frontkommandeure (also von Shukov, Rokossovskij, Tschernjachovskij und Konev) herausgegeben und die hauptsächliche praktische "Arbeit" von den durch Berija ernannten NKVD- Bevollmächtigten (I.A. Serov, L.S. Zanava, V.S. Abakumov und P. Ja. Meschik) durchgeführt. Zu den Aufgaben des NKVD gehörte auch, die mobilisierte und überprüfte deutsche Zivilbevölkerung an Volkskommissariate und Unternehmen in der UdSSR zu überstellen und entsprechende Begleittruppen zu stellen. Diese Unternehmen mussten Bedarf an Arbeitskräften haben und über Möglichkeiten zu ihrer Aufnahme, Unterbringung und ihren Arbeitseinsatz verfügen, wie dies in der bereits ergangenen Verordnung vorgeschrieben war. Also war der Lavrentij Pavlovi˜ Berija erteilte Auftrag, alle Operationen zur Mobilisierung und Internierung der Deutschen zu leiten, zumindest folgerichtig.[53]

            Am 6. Februar 1945 erließ Berija unter Bezugnahme auf die Verordnung  des GKO vom 3.2.1945 den Befehl Nr. 0061 an das NKVD der UdSSR, worin er diese Verordnung konkretisierte: "Im Befehl über das Erscheinen der mobilisierten Deutschen eine genaue Ordnung einzuführen, Fristen für das Erscheinen und Sammelstellen. Die mobilisierten Deutschen zu verpflichten, einen vollständigen Satz Winter- und Sommerkleidung und Schuhe, nicht weniger als zwei Garnituren Unterwäsche, eine Garnitur Bettwäsche (Decke, Laken, Kissenbezüge) und auch einen Lebensmittelvorrat für mindestens 15 Tage bei sich zu führen. Im Befehl zu verkünden, dass für das Nichterscheinen an den Sammelstellen die der Mobilisierung Unterliegenden einem Militärtribunal übergeben werden". Durch diesen Befehl wurden die NKVD- Bevollmächtigten bei den jeweiligen Fronten verpflichtet, mit dem 10. Februar 1945 beginnend täglich über den Verlauf der Mobilisierung zu berichten. Den Stellvertretenden Volkskommissaren des NKVD Kruglov und Tschernyschev oblag die Kontrolle der Ausführung des Befehls.[54]

            Bereits am 22. Februar 1945 erstattete Berija zum ersten Mal Stalin Bericht über Beginn und Verlauf der Mobilisierung deutscher Zivilisten. Am 20. Februar 1945 waren im Bereich der oben genannten vier Fronten - hauptsächlich in Oberschlesien und Ostpreußen -  28.105 Männer im Alter von 17 bis 50 Jahren mobilisiert worden.[55] Zwei Monate später, am 10. April 1945, waren im gleichen Bereich 97.487[56] Deutsche mobilisiert oder festgenommen worden.

            Die Mobilisierung und Internierung von Deutschen setzte sich – neben anderen Maßnahmen zur "Säuberung des Hinterlandes der Fronten der Roten Armee von feindlichen Elementen" – mindestens bis Mitte April bzw. Anfang Mai 1945 fort. In einen Brief an Stalin vom 17. April 1945 berichtete Berija, dass bis zum 15. April 1945 im Rahmen dieser Operationen insgesamt 215.540 Personen "ausgehoben" worden seien, darunter 138.200 Deutsche: die anderen waren Polen (38.669), Bürger der Sowjetunion (27.880), Ungarn (3.200), Slowaken (1.130) und Italiener (390).

            Von dieser Zahl 215.540 erfassten Personen wurden nur 148.540 tatsächlich in die UdSSR deportiert, die andern befanden sich entweder in Lagern oder Gefängnissen an der Front (62.000) oder starben im Verlauf der Operation oder auf dem Transport (5.000). Die Mehrheit dieser Menschen waren nach Feststellungen Berijas gewöhnliche (soll heißen nicht mehr als gewöhnliche) Angehörige verschiedener faschistischer Organisationen (Gewerkschaften, Arbeiterorganisationen, Jugendorganisationen), und ihre Aushebung  "wurde seinerzeit von der Notwendigkeit diktiert, das Hinterland der Front von den feindlichen Elementen zu säubern".

Außerdem erwies sich der Einsatz eines großen Teils von ihnen zu körperlicher Arbeit aufgrund ihres Alters oder Gesundheitszustandes als unmöglich: Mitte April umfasste der reale Arbeitseinsatz deutscher Mobilisierter in der Kohleindustrie, der Buntmetallurgie, der Torfgewinnung und auf den Baustellen lediglich 25.000 Personen. Deshalb schlug das NKVD vor, erstens die Anzahl der Kategorien von Personen, die der Aushebung im Rahmen der "Säuberung" des Hinterlandes unterlagen drastisch zu beschränken, zweitens die Deportation der bereits "Ausgehobenen" in die UdSSR zu beenden, die notwendige Anzahl von Gefängnissen und Lagern für ihre Haft  in Deutschland selbst zu organisieren und eine Ausnahme nur für die Verhafteten zu machen, an denen operatives Interesse bestand, drittens die Materialien über diejenigen Verhafteten, die offensichtlich schon in die UdSSR deportiert worden waren, daraufhin zu überprüfen, ob sie nicht inzwischen arbeitsunfähig geworden seien und deshalb in die Heimat zurückgeschickt werden könnten. Als Berija den Entwurf eines entsprechenden Befehls vorlegte, ersuchte er für all das um Stalins Einverständnis. Dieses erhielt er, der folgenden Randbemerkung auf dem Brief nach zu urteilen, am selben Tag: "Anlässlich des persönlichen Vortrags von Gen. Stalin bestätigt. 17/IV 45 L. Berija."[57]

Davon zeugt auch die Verordnung des GKO Nr. 8148 ss, die vom selben Tag datiert (17.4.1945) und vorschrieb, die weitere Mobilisierung von Deutschen im Bereich der Fronten und ihre Deportation in die UdSSR zu unterbinden.[58] In dieser Verordnung wurden die 97.487 bereits internierten Deutschen erwähnt, die nun den entsprechenden Volkskommissariaten der UdSSR zugeordnet waren.

            Vom nächsten Tag, dem 18.4.1945, datiert der Befehl Nr. 00315 an das NKVD der UdSSR "Über die teilweise Änderung des Befehls NKVD der UdSSR Nr. 0016 vom 11. Januar 1945", der die Auflistung der Kategorien von Personen, die der "Säuberung des Hinterlandes" unterlagen, wesentlich kürzte (hauptsächlich durch Verzicht auf das zahlreichste Kontingent – die gewöhnlichen "Mitglieder verschiedener faschistischer Organisationen"). Personen, die bereits in die UdSSR deportiert worden waren, sollten nach entsprechender Überprüfung in die Heimat zurückgeschickt werden, mit Ausnahme physisch gesunder Menschen, die der Industrie als Arbeiter überlassen wurden. Für diese Menschen gab es offenbar bereits kein Zurück mehr, die Tür hinter ihnen – oder vielleicht der Sargdeckel über ihnen – war bereits zugeschlagen.[59]

            Insgesamt wurden von dieser "Welle" der Internierung insgesamt 155.262 Personen "erfasst", das heißt fast um 2/5 mehr, als von der ersten, hauptsächlich auf dem Balkan stattfindenden "Welle". Diese beiden "Wellen" spülten ungefähr 267.000 Personen fort.

 

Die Ergebnisse der Deportation von deutschen Zivilisten

 

            Aber es gab auch einen prinzipiell wesentlichen Unterschied zwischen der internierten Bevölkerung der beiden "Wellen" – und zwar in ihrem Status. Während die ersten "Internierte- Mobilisierte" genannt wurden (ihnen wurde auch die Bezeichnung "Gruppe G" gegeben), waren die zweiten  "Internierte- Verhaftete" (ihnen wurde die Bezeichnung "Gruppe B" gegeben").

Entsprechend dem NKWD-Befehl Nr. 00101 vom 22. Februar 1945, wurde es vier Kategorien der filtrationspflichtigen Personen festgestellt. Zur Kategorie “А” wurden alle Kriegsgefangenen der feindlichen Armeen zugeordnet. Zur Kategorie “B” (s.g. „Internierten und Verhafteten“) gehörten folgende Zivilisten: Mitglieder der verschiedenen feindlichen Organisationen (NSDAP u.a.), regionale und lokale Verwaltungsleiter, Bürgermeister, Leiter der großen wirtschaftlichen bzw. administrativen Organisationen, Chef- Redakteure der Zeitungen und Zeitschriften, sowie auch Verfasser der antisowjetischen Veröffentlichungen, und außerdem (sic!) das andere feindliche Element“. Die Kategorie “В” umfasste die sowjetische Kriegsgefangenen und die Kategorie “G” (s.g. „Internierten und Mobilisierten“ - die Arbeitsbataillonen der Deutschen, die nach den GKO- Verordnungen mobilisiert waren.[60]

Zum Anfang 1946 schließ NKWD die ersten Zahlenergebnisse der Gesamtoperation. Zur Kategorie „G“ gehörten sich neben 111.831 Männer und Frauen aus der Balkanstaaten auch 77.741 Menschen aus Oberschlesien und Ostpreußen (fast ausschließlich Männer). Das bedeutete, dass es sich zum Kriegsende  in der UdSSR 189.572 Angehörigen der Kategorie “G” befanden. Zusammen mit 18.667 Personen, die aus den NKWD-Lagern nach der Filtrierung auskamen, betrug ihre Gesamtzahl 208.239 Personen[61].

            Aber auch die quantitative Verluste bzw. Abgänge waren in dieser Gruppe mehr als beeindrückend. Zum 1. Februar 1946 sind davon 36,5 % weniger geblieben, also nur 132.133 Personen. 40.331 Personen aus dem fehlenden Bestand von 76.106 Personen waren repatriiert, darunter 10.983 Polen, aber 35.775 Personen sind gestorben (Sterberate von 17,2 %).     

Es wurde außerdem noch 94.601 Internierten und Verhafteten (Kategorie „B») in März-Mai 1945 in die UdSSR transportiert. 21.250 Angehörigen dieser Gruppe wurden repatriiert (darunter 15.597 Polen), 19.270 Personen wurden in die Arbeitsbataillone und 10.263 in Gefangenenlager übergeben, 17.929 blieben noch bei der Filtrierung. Für die übrige 25.889 Menschen ist „Tod und andere Grunde“ verzeichnet. Aber eben ohne das Verhältnis zwischen Tod und „andere Gründe“ zu kennen, ist es doch ziemlich deutlich dass Sterberate in dieser Gruppe – im Vergleich mit der Kategorie „G“ - noch höher stehen müssen. 

            Das ganze aber bedeutet dass es insgesamt zirka 150-165 Tausend Zivilinternierte aus Ost- und Südosteuropa, die am Anfang 1945 in die UdSSR deportiert wurden, ein Jahr später (zum Stand von Februar 1946) noch in der UdSSR blieben, also kaum die Hälfte![62]

Die vollständigsten und beinahe abschließenden Informationen über die Internierten sind in dem kurzen Bericht vom 20. Dezember 1949 enthalten, der vom Leiter der GUPVI, Generalleutnant I. Petrov unterzeichnet ist.[63] Sie sind in der folgenden Tabelle 2 zusammengefasst:

 

Tabelle 2

Charakteristika der Internierten, Stand vom 20.12.1949

 

Kategorie

 

Gruppe "G"

(mobilisiert)

Gruppe "B"

(verhaftet)

Japaner

Polen der Armia Krajowa

Gesamt

1. Gezählt        %     

205.520

72,2

66.152

23,2

5.554

2,0

7.448

2,6

284.674

100,0

2. Repatriiert     %

(1945-1949)

164.521

77,5

36.943

17,4

3.968

1,8

6.942

3,3

212.374

100,0

3. Todesfälle und andere % Verluste*

40.737

60,7

25.719

38,3

119

0,2

506

0,8

67.082

100,0

4.Am 1.1.1950 Inhaftierte    %

271

5,2

3.481

66,7

1.467

28,1

-

-

5.219

100,0

Quelle: RGWA, f.1p, op.01e, d.81, l.20-21.

* Unter "andere Verluste" wird hier verstanden: bei Fluchtversuchen Getötete, Ertrunkene oder Selbstmörder (9 Personen, alle aus der Gruppe "G").

 

Demnach waren die 285.000 Personen, die sich mit dem Status der "Internierten" in der UdSSR befanden, nicht alle "Westarbeiter" deutscher Nationalität, allerdings stellten diese die zahlenmäßig größte und dominierende Gruppe. Die Sterblichkeit in ihren Reihen war mehr als hoch und betrug von 19,2% unter den "Mobilisierten" (vgl. mit 17,2 % in Februar 1946 – siehe oben) bis zu 38,9% unter den "Verhafteten" Internierten (vgl. 6,8 % bei den Polen aus der Armia Krajowa und 2,1 % unter den Japanern).

Um das Jahr 1950 war das Arbeitspotential praktisch erschöpft, was auch an der nahezu abgeschlossenen Repatriierung zu sehen ist; unter denen, deren Repatriierung noch nicht gelöst war, überwogen ganz klar die "verhafteten" Internierten, wobei unter ihnen auch der Anteil der Verurteilten um einiges höher war, darunter auch die Anzahl an Kriegsverbrechern.[64]

 

Die Geographie und der Arbeitseinsatz der Internierten in der UdSSR

 

            Selbst die Geographie der Dislozierung der Internierten ist beachtlich. Die überwiegende Mehrheit – mehr als ¾ vom Gesamtkontingent und mehrheitlich Männer - landeten sich in Donezker Kohlenbecken oder in nahlegende Gebiete des Hüttenwesens in der Südukraine (siehe in der Tabelle 3).

            Weitere 11 % waren im Ural eingesetzt (wo, im Gegensatz, Frauen vorherrschten). Interessant, dass es relativ kleine Kontingente auch im Nordkaukasus, im Weißrussland und im Moskauer Gebiet gab. Aus 15 Gebiete mit nur einem Arbeitsbataillon von den deutschen  Internierten  nur zwei lagen ostwärts von Ural (Kemerowskaja und Aktjubinskaja Gebiete) und drei im Norden des Europäischen Teiles der UdSSR (Karelo- Finnskaja Autonome Republik, Archangelsker und Murmansker Gebiete).

            Wird diese Geographie mit den Ansiedlungsgebieten der sowjetischen Deportierten verglichen, scheint sie viel „humaner“ und sogar privilegierter zu sein. Eigentlich stimmt sie ziemlich gut überein mit der Geographie  der Zwangsansiedlung der mehreren sowjetischen Repatriierten, meistens von denen für den Wiederaufbau der Mienen und Gruben im Donbass „angeworben“ waren (während des Krieges waren diese Gebiete nicht nur von Zerstörungen, sondern auch von Zwangsverschleppungen am stärksten betroffen).

 

Tabelle 3.

Die Geographie der deutschen Internierten in der UdSSR; auf 01.01.1946

 

Nr.

Gebiete, SSR bzw. ASSR (Sowjetische Sozialistische bzw. Autonome Sowjetische Sozialistische Republiken)

Zahl der Arbeitsbataillonen

Internierte

Anteil der Männer

Pers.

%

%

1.

Stalinskaja

63

49.452

37,4

55,8

2.

Woroshilowgradskaja

30

26.015

19,7

64,6

3.

Dnepropetrowskaja

27

18.556

14,0

61,2

4.

Tscheljabinskaja

6

  5.185

3,9

42,8

5.

Rostowskaja

5

  4.314

3,3

50,9

6.

Swerdlowskaja

6

  3.470

2,6

45,9

7.

Grusinskaja SSR

4

  2.972

2,2

88,8

8.

Tschkalowskaja

3

  2.780

2,1

95,0

9.

Charkowskaja

4

  2.409

1,8

69,6

10.

Molotowskaja

3

  1.946

1,5

41,7

11.

Saporoshskaja

2

  1.608

1,2

77,1

12.

Minskja

3

  1.526

1,2

100,0

13.

Komi ASSR

2

  1.357

1,0

22,3

14.

Tschuwaschskaja ASSR

2

    966

0,7

7,9

15.

Grosnenskaja

2

    927

0,7

35,0

16.

Moskowskaja

3

    877

0,7

100,0

17.

Kurganskaja

1

   788

0,6

7,7

18.

Severo-Osetinskaja ASSR

2

   762

0,6

63,1

19-33.

Andere

14

6.243

4,8

 

 

T O T A L

183

132.133

100,0

58,7

Quelle: RGWA,, f.1п, op.4а, d.21, l.3.

 

Am 29. Dezember, d.h. 13 Tage nach dem Erscheinen der Verordnung Nr.  7161 ss, gab das GKO zu ihrer Ergänzung die Verordnung  Nr. 7252 ss "Über den Arbeitseinsatz der internierten Deutschen" heraus.[65] Zu den interessierten Behörden hatte sich das Volkskommissariat für Buntmetallurgie (Volkskommissar Gen. Lomako[66]) hinzugesellt: von 140.000 eingeplanten Arbeitern sollten 20.000 in dessen Unternehmen eingesetzt werden - die Hälfte der im Volkskommissariat für Schwarzmetallurgie (40.000) und ein Viertel der im Volkskommissariat für Kohle (80.000) Vorgesehenen.

Die Mehrheit der Internierten sollte in die Gebiete von Stalino (56.000) und Voroschilovgrad (28.000) geschickt werden - hier, aber auch im Rostover Gebiet (8.500) sollten die Kohlearbeiter überwiegen, während im Gebiet Dnepropetrovsk (22.500) das Volkskommissariat für Schwarzmetallurgie der "Monopolist" war. Die Miteinbeziehung des Volkskommissariates für Buntmetallurgie jedoch bedeutete eine deutliche Ausweitung der geplanten räumlichen Verteilung der Zwangsarbeiter: die entsprechenden Unternehmen befanden sich bereits im Ural (allein im Gebiet Sverdlovsk war der Einsatz von 5.000 Personen geplant), im Gebiet Leningrad, in Nord-Ossetien und auch in Kasachstan, Usbekistan und Tadschikistan.

            Zur Lösung dieses Problemkomplexes in den vier ersten obengenannten Gebieten wurden spezielle Kommissionen bei den Sekretären der Gebietskomitees (Vorsitzenden), den Gebietsexekutivkomitees, den Leitern der Verwaltung des NKVD und den Vertretern der interessierten Behörden gebildet.[67] Die Kommissionen besaßen das Recht, Räumlichkeiten nicht nur der beteiligten, sondern auch aller anderen Behörden zu benutzen, die in der Nähe der ausgewählten Unternehmen lagen. Bereits um den 3. Januar herum (!) hatten sie dem NKVD der UdSSR Bericht zu erstatten, wie die Maßnahmen durchgeführt worden waren, darunter auch über den Grad der Bereitschaft der Unternehmen zur Aufnahme, und die Bestimmungsorte für die Entladung der Transporte mit den Internierten zu nennen. Die Maßnahmen zur Vorbereitung und zum Umbau der Gebäude sollten bis zum 15. Januar abgeschlossen sein, die nutznießenden Behörden sollten ihre bevollmächtigten Vertreter zu den entsprechenden Unternehmen abkommandieren. Es hieß, die Offizierskader der Arbeitsbataillone, die von den Volkskommissariaten gebildet und bezahlt wurden, befänden sich im aktiven Kriegsdienst mit allen sich daraus ergebenden Rechten, Verpflichtungen und Vorzügen.

            Am 21. Februar erging die Verordnung  des GKO Nr. 7565s "Über die Verteilung der auf dem Territorium der kämpfenden  Fronten mobilisierten Deutschen zur Arbeit in der Industrie".[68] Als "erste Ladung  mobilisierter Deutscher" wurden 75.000 Personen zwischen 12 Unions- und 2 Republikvolkskommissariaten aufgeteilt, davon waren 67.000 für Ukraine und 18.000 für Weißrussland. Die größten Abnehmer  waren das Volkskommissariat für Kohle (25.000 Personen), das Volkskommissariat für Bauwesen (11.000) und das Volkskommissariat für Schwarzmetallurgie (10.000).

            Status und Situation der Internierten waren durch eine im NKVD ausgearbeitete "Verordnung über die Aufnahme, die Haft und den Arbeitseinsatz der mobilisierten und internierten Deutschen" vom 27.05.1945 geregelt[69]. Nach diesem Dokument wurden die mobilisierten und internierten Deutschen zu Bau- und Wiederaufbauarbeiten in die Gruben, wichtigsten Fabriken oder zu Hilfsunternehmen der aufgelisteten Volkskommissariate überstellt, was bedeutet, dass sie faktisch der Kontrolle der Hauptverwaltung für die Angelegenheiten der Kriegsgefangenen und Internierten beim MVD der UdSSR (GUPVI) entzogen wurden. Dies brachte sie in eine bedeutend schlechtere Lage als die der deutschen Kriegsgefangenen, da die aufgelisteten Behörden und ihre Unternehmen sie als "verheizbare" Arbeitskraft ansahen und sich um ihre Versorgung  und ihren physischen Zustand praktisch nicht kümmerten.[70]

            Die aus ihnen gebildeten Bataillone in einer Stärke von 1.000 Personen, die wiederum zwischen drei und fünf Kompanien bildeten, wurden von durch das NKO eigens zugeteilten Offizieren befehligt.[71] Und obwohl die Bataillone finanziell und organisatorisch den entsprechenden Volkskommissariaten unterstellt waren, blieben sie doch in Fragen der Bewachung, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Überprüfung  dem NKVD unterstellt, das gleichzeitig auch weitergehende Kontrollen durchführte. Die Hinweise und Forderungen der Organe des NKVD wurden mit Priorität befolgt.

            Die Verantwortung für die Versorgung der Internierten mit allem Notwendigen - von der Verpflegung bis zu kulturellen und sanitären Maßnahmen - oblag den genannten Volkskommissariaten. Es war vorgeschrieben, sie in Baracken und anderen provisorischen und festen Gebäuden zu kasernieren, die einschließlich des Hofes von Stacheldraht und Zaun umgeben und vom Wachdienst der Volkskommissariate bewacht werden sollten (Männer und Frauen durften dabei in einer Zone leben, aber in verschiedenen Gebäuden). In den Gebäuden wurde eine innere Ordnung entsprechend der in den Lagern des NKVD für Kriegsgefangene herrschenden hergestellt.

Im Fall eines Verstoßes wurde eine Strafe gemäß den Disziplinarregeln der Roten Armee verhängt; für mehrfache oder grobe Verstöße gegen die Disziplin, für Fluchtversuche oder Arbeitsverweigerung konnte man in die weit entfernt und im Norden gelegenen Sonderinternierungslager des NKVD gelangen (letztere erhielten auf diese Weise ganz genau dieselbe Funktion wie die Konzentrationslager im "Dritten Reich"), alle anderen Verbrechen wurden vor einem Militärtribunal strafrechtlich geahndet.

            Es war Vorschrift, organisiert und - zwar ohne Bewachung, jedoch in Begleitung der Bataillonsleitung oder der Wächter - zur Arbeit zu gehen. Das Essen wurde in speziellen Kantinen nach den geltenden Normen für die Arbeiter der jeweiligen Betriebe ausgegeben, einschließlich der zusätzlichen Ration für über die Norm hinaus Arbeitende.

Sie erhielten - je nach Produktionsnorm [72]- auch einen Monatslohn, von dem die Kosten für das Essen, die Unterbringung und die Bettwäsche, die Bewachung und das Bataillonspersonal und zusätzlich 10% "Zentralkosten" abgezogen wurden. Kranke oder arbeitsunfähig gewordene Menschen wurden so lange auf Kosten des Unternehmens versorgt, bis die Frage ihrer Rückkehr in die Heimat entschieden war.

            Man soll betonen, dass der Arbeitseinsatz der deutschen Kriegsgefangenen und Internierten, mit seltensten Ausnahmen, nie rentabel gewesen, man sollte ihn ständig dotieren. Aber in der Realität des sowjetischen Wirtschaftssystems wurde es die wirtschaftliche Effizienz keinesfalls der entscheidender Faktor gewesen, Hauptsache war die Aufstellung und Erfüllung der ausgeplanten Aufgaben. Die von „Westarbeitern“ verrichtete Zwangsarbeit stand in keinem Sinne im Wiederspruch damit.

            Trotzdem bleibt es höchst interessant die Deportation und die Zwangsarbeit der internierten deutschen Zivilisten unter dem vergleichenden Betracht zu halten. Besonders interessant wäre es mit dem Arbeitseinsatz der sowjetischen Zwangsarbeiter im Dritten Reich – der s.g. Ostarbeiter – zu vergleichen. Aber auch der Vergleich mit dem Arbeitsschicksal der deutschen Kriegsgefangenen oder der russischen Zivilbevölkerung, insbesondere mit der Zwangsarbeit der Sowjetdeutschen im s.g. „Arbeitsarmee“, die auf den ersten Blick in Organisation und Zielsetzung so viel Ähnliches mit dem Arbeitseinsatz der „Westarbeiter“ hat.

            Aber nicht nur das scheint erkennbar zu werden. Selbst die Verwendung der Deportation als des repressiven Mittels der politischen Problemlösung wurde in beiden Fällen mit sehr großen Ähnlichkeit eingesetzt, darunter auch in der Technologie und sogar in dem Kreise der Durchsetzer der Verschleppung.[73] In beiden Fällen ginge es um die bestraften und massenhaften Kontingente der Menschen, die für sehr größere Entfernungen abtransportiert waren. 

            Der Verstoß gegen das Völkerrecht ist im Fall der Ostarbeiter heutzutage anerkannt worden, was den rechtlichen Anspruch auf Entschädigung aufbaute. Aber auch im Fall der Westarbeiter ist der gleiche Verstoß erkennbar. Ihre Ansprüche auf Entschädigung sind, aus meiner Sicht, völlig gerechtfertigt.

 

 

Quellen und Literaturverzeichnis

 

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POLIAN, Pavel. Internierung und Deportation deutscher Zivilisten aus den besetzten deutschen Gebieten in die UdSSR, in: Andreas HILGER/Michael SCHMEITZNER/Uwe SCHMIDT (Hrsg.). Diktaturdurchsetzung. Instrumente und Methoden der kommunistischen Machtsicherung in der SBZ/DDR. Dresden, 2001, S.39-54.

POLIAN, Pavel. Ne po svoej vole... Istorija i geografia prinuditelnych migrazij v SSSR. Moskwa: OGI, 2001, S.191-238.

SEMIRJAGA, Michael. Prikazy, o kotorych my ne znali. Stalin chotel vyvesti iz Germanii v SSSR vsech trudosposobnych nemcev, in: Novoe vremja 15, 1994, S.56-57.

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TSCHUCHIN, Ivan. Internirownnaja junost. Istoroja 517-go lagerja internirowannych nemok NKWD SSSR. Moskva-Petrozavodsk: Memorial, 1995. - 64 s.

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Abkürzungsverzeichnis

 

APRF – Archiv Presidenta Rossijskoj Federazii (Archiv des Präsidenten der Russischen Föderation)

ASSR – Avtonomnaja Sovetskaja Sozialisticheskaja Respublika (Sowjetische sozialistische Autonomrepublik)

Bt. - Bestand

GARF - Gosudarstwennyj Archiv Rossijskoj Federazii (Staatsarchiv der Russischen Föderation)

Gen. - Genosse

GKO - Gosudarstvennyj Komitet Oborony (Staatskomitee der Verteidigung)

GULAG – Glawnoje Uprawlenije NKWD po lageram (NKWD-Hauptamt für die Belangen der Lagers)

GUPWI - Glawnoje Uprawlenije NKWD po delam woennoplennych i internirovannych (NKWD-Hauptamt des Ministerium des Inneren für die Belange der Kriegsgefangenen und Internierten)

d. – delo (Nr.)

DDR – Deutsche Demokratische Republik

f. – fond (Bestand)

Fb. – Findbuch

KGB – Komitet Gosudarstvennoj Besopasnosti (Komitee der Staatssicherheit der UdSSR)

KpdSU – die Kommunistische Partei der UdSSR

MVD – Ministerstvo Vnutrennych del (Ministerium für Innern der UdSSR)

NKGB - Narodnyj Komissariat Gosudarstvennoj Besopasnosti (Volkskommissariat der Staatssicherheit der UdSSR)

NKVD – Narodnyj Komissariat Vnutrennych del (Ministerium des Inneren der UdSSR)

NKO –  Narodnyj Komissariat Oborony (Volkskommissariat der Verteidigung der UdSSR)

NSDAP – Nazional-Sozialistische Deutsche Arbeitspartei

op. – opis’ (Findbuch)

RGASPI – Rossiskij Gosudarstwennyj Arhiv sozialnoi i polititscheskoj istorii (Russischen Staatlichen Archiv für die soziale und politische Geschichte)

RGWA - Rossijskij Gosudarstwennyj Woennyj Archiv (Russischen Staatlichen Militärarchiv)

SBZ -  Sowjetische Besatzungzone

SSR - Sovetskaja Sozialisticheskaja Respublika (Sowjetische sozialistische Republik)

TsK – Tsentralnyj Komitet (Zentralkomitee)

UdSSR – Union der Sowjetischen Sozialistischen Republiken



[1] G.WEBER/R.WEBER-SCHLENTHER/A.NASSEHI/O.SILL/G.KNEER. Die Deportation von Siebenbürger Sachsen in die Sowjetunion 1945-1949. Köln - Weimar: Böhlau Verlag, 1996. - Bd.1-3. (2452 S.).

[2] H. BAIER. Deportatea etnicilor germani din Romania in Uniunea Soveticâ. Sìbiu, 1994. Siehe auch: K.ZACH, C.ZACH. Die Deportation Deutscher aus Rumänien in die Sowjetunion 1945. // Südostdeutsche Vierteljahresblätter. – München, 1995 (44. Jg). – S.5-17.

[3] Viktok KONASOV/Andrej TERESCHTSCHUK. "Budut nemedlenno predany sudu voennogo tribunala...", in: Russkoe proschloe 5, 1994, S.318-337; Pavel KNYSCHEVSKIJ, Gosudarstvennyj komitet oborony: metody mobilizacii trudovych resursov, in: Voprosy istorii 1994, Nr.2 S.53-65; Michael SEMIRJAGA, Prikazy, o kotorych my ne znali. Stalin chotel vyvesti iz Germanii v SSSR vsech trudosposobnych nemcev, in: Novoe vremja 15, 1994, S.56-57.

[4] Ivan TSCHUCHIN. Internirownnaja junost. Istoroja 517-go lagerja internirowannych nemok NKWD SSSR. Moskva-Petrozavodsk: Memorial, 1995. - 64 s.

[5] Pavel POLIAN. Ne po svoej vole... Istorija i geografia prinuditelnych migrazij v SSSR. Moskwa: OGI, 2001. - S.191-238. Siehe auch auf Deutsch: Ders. Westarbeiter: Reparationen durch Arbeitskraft. Deutsche Häftlinge in der UdSSR. / Dietmar DAHLMANN/Gerd HIRSCHFELD (Hrsg.). Lager, Zwangsarbeiter, Vertreibung und Deportation: Dimensionen der Massenverbrechen in der Sowjetunion und in Deutschland 1933 bis 1945. Essen, 1999, S.337-367; Ders. Internierung und Deportation deutscher Zivilisten aus den besetzten deutschen Gebieten in die UdSSR, in: Andreas HILGER/Michael SCHMEITZNER/Uwe SCHMIDT (Hrsg.). Diktaturdurchsetzung. Instrumente und Methoden der kommunistischen Machtsicherung in der SBZ/DDR. Dresden, 2001, S.39-54.

[6] Günther KLEIN. Im Lichte sowjetischer Quellen. Die Deportation Deutscher aus Rumänien zur Zwangsarbeit in die UdSSR 1945. // Südostdeutsche Vierteljahresblätter. – München, 1998 (47. Jg). - Nr.2. - S.153-162. Diese Arbeit bringt in die Licht auch einige persönliche Dokumenten, die sich das Schicksal seiner eigenen Familie berühren.

[7] Siehe in: Wladimir KOROTAEW (Hrsg.). Ukastel’ fondow inostrannogo proischoshdenija i Glawnogo Uprawlenija po delam woennoplennych i internirovannych NKWD-MWD SSSR. Moskwa, 2001, S.253-284. Als in diesem Zusammenhang besonders wichtige Bestände kann man folgende bezeichnen: 1p – Hauptamt GUPWI (1939 - 1953; seit 1953 г. – 3. Abteilung des Gefängnissamtes vom MVDder UdSSR); 2p  - Besonderes Auskunftsbüro des Ministeriums des Innern der UdSSR (1949-1951); 3p – Politisches Amt von der GUPWI (1939-1951); 4p -  Abteilung Antifa des Hauptamtes GUPWI (1941-1961); 5p (usw.) – die regionale bzw. nach Fronten zugeordneten GUPWI-Organe; 466 p – Personalakten der verstorbenen Internierten; 480 p und 481p -  Personalakten der geflüchteten Internierten.

[8] Darüber berichtete die deutsche Aufklärung noch Ende Juli 1944. Am 4 September 1944 tauchte dieses Thema in der Berichterstattung von “Völkische Beobachter“ auf. Siehe die entsprechende Übersicht in: WEBER,  Deportation, Bd.1. s.127-135.

[9] GARF, f.9401, op.2, d67, l.386.

[10] A. N. Apollonov (1907-1978) war zu diesem Zeitpunkt Generaloberst und Stellvertretender Kommissar für Innere Angelegenheiten der UdSSR.

[11] Ivan Markovitsch Gorbatjuk war 1944 Generalmajor des NKVD. Er war einer der Leiter der Operationen zur Deportation der ˆe˜enen, Inguãen und Kara˜aier, wurde 1945 Generalleutnant und Leiter der Hauptabteilung der NKVD-Truppen zur Sicherung des Hinterlandes der Roten Armee.

[12] RGWA, f.1p, op.13a, d.227.

[13] GARF, f. 9401, op.2, d68, l.144-147.

[14] S. den Brief Apollonovs an Berija vom 12.12.1944, RGWA, f.1p, op.13a, d.237.

[15] APRF, f.3, op.58, d500, l.108-110. Vgl. den Verweis auf eine Fundstelle desselben Dokumentes, RGASPI, f.644, op.1, d.352, l.67, bei KNYSCHEWSKIJ, Gosudarstvennyj komitet, 1994, S.59. Eine weitere Kopie wird zusammen mit der von L. Berija unterschriebenen Vorstellung  dieser Verordnung - in der sogenannten "Osobaja papka Stalina" aufbewahrt, GARF, f.9401, op.2, d68, l.153-156.

[16] Rodion Jakovlevitsch Malinovskij (1898-1967), 1944 Marschall der Sowjetunion, Kommandeur der 2. Ukrainischen Front. Unter seinem Befehl wurde die Mobilisierung und Internierung der Deutschen auf dem Territorium Ungarns und Transsylvaniens durchgeführt.

[17] Vladislav Petrovitsch Vinogradov (1899-1962), Generalleutnant des Intendanturdienstes. Seit 1944  Leiter des Stabs der Sowjetischen Kontrollkommission (SKK) in Rumänien, Stellvertretender Vorsitzender der SKK.

[18] Fedor Ivanovitsch Tolbuchin (1894-1949), 1944 Marschall der Sowjetunion. Seit 1943 Kommandeur der Südfront, der 3. und der 4. Ukrainischen Front, in den Jahren 1945 bis 1947 Oberkommandeur der Südgruppierung der Roten Armee.

[19] Sergej Semenovitsch Birjuzov (1904-1964), 1955 Marschall der Sowjetunion. Seit 1943 Stabschef der Südfront, der 4. und (seit Mai 1944) der 3. Ukrainischen Front. Seit Oktober 1944 Kommandeur der 37. Armee und des Oberster Militärrates der bulgarischen Armee. Von 1945 bis 1947 Stellvertreter des Oberkommandeurs der Südgruppierung der Roten Armee und Stellvertretender Vorsitzender der SKK in Bulgarien.

[20] Ivan Efimovitsch Petrov (1896-1958), 1944 Armeegeneral, Kommandeur der 2. Weißrussischen und der 4. Ukrainischen Front, Stabschef der 1. Ukrainischen Front.

[21] Filipp Ivanovitsch Golikov (1900-1980), Generaloberst, seit 1961 Marschall, seit 1943 Stellvertretender Volkskommissar für Verteidigung, zuständig für Kaderfragen, Leiter der Hauptverwaltung Kader des NKO; 1944-1952 Leiter der Verwaltung für Repatriierung beim SNK (SM) der UdSSR. Siehe detaillierter in: Pavel POLIAN, Deportiert nach Hause., Wien-München, 2000.

[22] Sladkevitsch, Stellvertretender Leiter der Innentruppen des NKVD.

[23] Zitiert nach KONASOV/TERESCHTSCHUK, Budut nemedlenno, S.323, wo verwiesen wird auf: RGWA, f. 1/p, op.13a, d.5, ll.238-240.

[24] Gemäß einer Abmachung zwischen Marschall Stalin und Marschall Tito, der das Nationalkomitee zur Befreiung Jugoslawiens leitete, überschritt die Rote Armee am 29.9.1944 die bulgarisch-jugoslawische Grenze, hielt sich jedoch nur für eine bestimmte Zeit auf dem Territorium Jugoslawiens auf, nämlich bis zum Ende des Jahres 1944, als sie ihre operativen Aufgaben im wesentlichen erfüllt hatte. Daher wurde die gesamte Operation zur Internierung, Mobilisierung und Deportation der Deutschen aus Jugoslawien (bis zu den Sammel- und Aufnahmestellen für die Internierten) von den Kräften der örtlichen jugoslawischen Verwaltung durchgeführt, die mit dem "Recht" einer Front der Roten Armee handelten.

[25] Zapevalin - über ihn liegen uns keine Angaben vor.

[26] N. Radescu, Korpsgeneral, Generalstabschef der rumänischen Armee. Seit dem 2.12.1944 (nach dem Rücktritt der Regierung Sanatescu) bis zum 28.2.1945 Premierminister und Innenminister Rumäniens. Emigrierte später in die USA.

[27] RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.242-247. Der Internierung unterlagen  Männer der Jahrgänge 1899 bis 1927 und Frauen der Jahrgänge 1914 bis 1926. S. auch den Hinweis des Kommandeurs des Gendarmeriekorps Rumäniens bezüglich der Internierung von Deutschen an die örtlichen Gendarmerieorgane RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.299-301.

[28] Die offiziellen Nummern und Bezeichnungen: 1. Timiå; 2. Mureå, 3. Olt und Bucecea, 4. Mare und Untere Donau, 5. Prut', 6. Someå, 7. Pelt-Pilis, Bács-Kiskun und Czongrád, 8. Jász-Nagy-Kun-Szolnok, Békés, Heves, Hajdú-Bihar, Satu-Mare, 9. Belgrad und 10. Sambor. S. RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.356.

[29] Die Rumänen selbst waren sogar auf noch kürzere Fristen eingestellt (vom 10. bis zum 20.1.1945), die sich jedoch wahrscheinlich als schlicht unrealisierbar erwiesen, s. RGWA; f.1p, op.13a, d.5, l.299.

[30] Siehe, z.B.: WEBER, Deportation, Bd.1, s.75-76.

[31] RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.207-211 und 304.

[32] S. den Bericht über den Operationssektor Nr. 2., RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.69f.

[33] RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.40.

[34] Siehe Bericht Kuznezovs und Osokins an Apollonov vom 5.1.1945. Erstmalig in: KONASOV/TERESCHTSCHUK, Budut nemedlenno, S.325-326, mit Hinweis auf RGWA, f. 1p, op.13a, d.5, l.253-254.

[35] Siehe: KONASOV/TERESCHTSCHUK, Budut nemedlenno, S.324, mit Verweis auf RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.308.

[36] Ihre Gesamtzahl nur im dritten Sektor betrug ca. 2.000 Personen.

[37] RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.72-80.

[38] Es ist interessant, daß in den anderen von uns analysierten Dokumenten eine Kategorie wie "Zusätzliche Altersstufen" nicht anzutreffen ist. Deshalb können wir nicht mit Sicherheit sagen, ob dieses Detail zu den zentral gestellten Aufgaben gehörte, oder ob dies eine persönliche Initiative des Leiters des zweiten Operationssektors, des Gen. Koþevnikov, war; s. seinen Bericht in RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.63-70.

[39] Ihre Dislozierung (in Klammern jeweils ihre mögliche Durchschleusungsmenge): Braschov (10.000 Personen), Ploieschti und Bukarest (je 3.000), Kara-Kal und Tyrgu-Jiu (je 300).

[40] RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.29-35.

[41] RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.36-40.

[42] Oder, anders ausgedrückt, im Gebiet Satu Mare.

[43] Ihre Dislozierung (in Klammern jeweils die Nummern): Sânicolau  (Nr. 7.000), Nagy Károly (Nr. 8.000), Satu Mare, Balmazúiváros  (Nr. 7020), Polista  (Nr. 1060), Comloåul (Nr. 8040), Cedvernek  (Nr. 2060), Mecsek-Beren (Nr. 8.000), Givla, Elek  und Ceglédbercel  (Nr. fehlt), RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.23-25.

[44] RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.13-15. Ein wesentlicher Teil der Internierten wurde aus Jugoslawien in den Donbass deportiert, wo sie in den Gruben der Konzerne "Stalinugol'" und "Voroschilovgradugol'" arbeiten sollten. GARF, f.9401, op.2, d.92, l.44.

[45] Das Klima behinderte den Abtransport: der Eisgang auf der Donau beeinträchtigte die Überfahrt, weshalb die Kontrollfrist, der 3.1.1945, nicht eingehalten wurde, RGWA, 1p, op.13a, d.5, l.26-28.

[46] RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.16-20.

[47] KONASOV/TERESCHTSCHUK, Budut nemedlenno, S.330, mit Verweis auf RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.12. Siehe auch RGWA, f.1p, op.13a, d.5, l.123f.

[48] GARF; f.9401s, op.2, d93, l.26-44.

[49] Siehe: WEBER, Deportation,1995.

[50] Siehe im Notiz des KGB-Komissars W.Merkulow an Molotow von 11.04.1945 (SSSR I GERMANSKIJ VOPROS. 22 ijunja 1941 g. - 8 maja 1945, Moskau 1996, S. 632, mit Verweis auf: AVP, f. 06, op.7, p.14, d.138, l.24-27).

[51] Dies wurde von N. Ochotin berichtet.

[52] APRF, f.3, op.58, d.500, ll.130-133. Vgl. auch den Verweis bei: KNYSCHEVSKIJ, Gosudarstvennyj komitet, S.60 und 65 auf eine andere Fundstelle desselben Dokumentes: RGASPI, f.644, op.1, d.369, l.

[53] S. die Verordnung des GKO Nr. 7252s vom 29.12.1944.

[54] RGWA, f.1/p, op.37a, d.3, ll.20.23. Vasilij Vasil'evitsch Tschernyschev (1896-1952), Generaloberst, 1941-1959 Stellvertretender Volkskommissar für Innere Angelegenheiten, Kommissar der Staatssicherheit zweiten Ranges; Ivan Aleksandrovitsch Serov (1905-1990), Generaloberst, 1941-1945 Stellvertretender Volkskommissar für Innere Angelegenheiten, Kommissar der Staatssicherheit zweiten Ranges; 1954-1959 leitete er den KGB der UdSSR; dann war er auf militärischem Posten in Taschkent. Aufgrund des Verlustes der Wachsamkeit wurde er vom Rang eines Generals der Armee zum Generalmajor degradiert und es wurden ihm die Regierungsauszeichnungen entzogen.

[55] APRF; f.3, op.64, d.799, l.l7f (auf dem Briefbogen des NKVD). Eine Kopie befindet sich in der "Osobaja papka Stalina", GARF; f. 9401s, op.2, d93, l.2f. Im selben Brief bat Berija in Zusammenhang mit Lageveränderungen an der Baltischen Front um die Anwendung der Verordnung des GKO vom 3. Februar 1945 auch im Bereich der 2. und 1. Baltischen Front.

[56] GARF, f.9401s, op.2, d93, l.393f.

[57] APRF, f.3, op.58, d.501, ll.43-49. S. die Kopie in GARF, f.9401s, op.2, d95, ll.253-255.

[58] APRF, f.3, op.58, d.501, ll.50f. S. der Entwurf in GARF, f.9401s, op.2, d95, ll.37f. (ebenda - l.36 - befindet sich der Begleitbrief Berijas an Stalin vom 16.4.1945, der mit den Worten beginnt: "In Erfüllung Ihres Auftrages lege ich den Entwurf vor [ ...]").

[59] Darüber hinaus wurden die entsprechenden Befehle - über die Verbreitung der Verordnungen des GKO vom 16. und 29. Dezember 1945 an alle Volkskommissariate und Behörden - von eben diesem Berija gegeben, allerdings nicht mehr in seiner Funktion als Volkskommissar für Innere Angelegenheiten, sondern als Stellvertretender Vorsitzenden der GKO, s. Verfügung Nr. GKO 6255ss vom 22.4.1945, APRF, f.3, op.58, d.501, l52.

[60] Siehe in: TSCHUCHIN, Internirovannaja, 1995, s.6-7.

[61] Nach dem NKWD-Befehl Nr. 00315-1945.

[62] RGWA,, f.1p, op.4а, d.21, l.2.

[63] RGWA, f.1a, op.01e, d.81, l.20.

[64] Von den 3.692 in der UdSSR Verbliebenen wurden die meisten Internierten (2.953) bis zum 25.1.1950 in Lagern und Sonderlagern des MVD gefangengehalten, 580 waren von einem Kriegsgericht in Ost-Deutschland verurteilt worden, und 141 in der UdSSR; weitere 18 Personen befanden sich als Untersuchungsgefangene in Gefängnissen des MVD, RGWA, f.1p, op.01e, d.81, l.80.

[65] APRF, f.3, op.58, ed. chr.500, ll.111-119, darunter ll.115-119 - die Beilagen N1 Tabelle der Verteilung von 140.000 ankommenden Deutschen über die Gebiete und N2 "Verordnung über die Aufnahme, den Unterhalt und den Arbeitseinsatz der mobilisierten und internierten Deutschen. Vgl. auch den Verweis in: KNYSCHEWSKIJ, Gosudarstvennyj komitet, S.60, 65 auf einen anderen Aufbewahrungsort desselben Dokumentes: RGASPI, f.644, op.1, d.348, l.6-8.

[66] Petr Faddeevich Lomako (1904-?), 1939-1957 Stellv. Volkskommissar, Volkskommissar, Minister für Buntmetallurgie der UdSSR.

[67] In anderen Regionen wurden keine Kommissionen eingesetzt, sondern die Ersten Sekretäre der Gebietskomitees wurden zur Unterstützung in dieser Angelegenheit verpflichtet. Zur Unterstützung verpflichtet waren ebenfalls der Sovnarkom der USSR (Gen. Chruã˜ev), das Volkskommissariat für Handel der UdSSR (Gen. Ljubimov) und das Volkskommissariat für Verkehrswege (Gen. Kovalev). Letzterer insbesondere war für die Zuteilung der benötigten Menge für den Winter ausgerüsteten  Transportraumes zur Bildung der Interniertentransporte verantwortlich

[68] APRF, f.3, op.58, d.500, ll.130-130. Vgl. auch den Hinweis bei Knyãevskij, Gosudarstvennyj komitet S.59 und 65 auf einen anderen Aufbewahrungsort desselben Dokumentes, RGASPI, f.644, op.1, d.372, l.177.

[69] RGWA,, f.1p, op.37а, d.3, l.25-30.

[70] Konasov/Tereschtschuk, Budut nemedlenno, S.320.

[71] Die Mitarbeiter der Bataillone wurden nach Abstimmung des NKVD mit den entsprechenden Volkskommissariaten bestätigt.

[72] Die gültigen Normen für die Produktion wurden vom dritten Monat an festgelegt, im ersten und zweiten Monat genügten 60 oder 80% der vorgegebenen Arbeitsleistung.

[73] Z.B. Apollonov, Gorbatjuk und Sladkewitsch waren in mehreren Deportationsoperationen beteiligt, darunter auch in der Deportation der Wolga-Deutschen.